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Alle einbinden und dabei die Fäden in der Hand behalten …

Beteiligungsmanagement und begleitende Kommunikationsstrategie am Beispiel eines auf zwölf Jahre angelegten Projektes zur Quartiersumgestaltung
Dirk Grünberg/Gesa Kitschke/Imke Voigtländer/Matthias Weiß

Eine Frischekur für das in die Jahre gekommene Quartier Fruerlundholz. Das ist das Ziel eines aktuellen Projektes, mit dessen Umsetzung wir 2013 begonnen haben. Mit der konkreten Planungsphase wurde bereits im Jahr 2012 begonnen. Am Ende soll das Quartier ein freundliches „Zuhause“ sein, in dem alle Bewohner sich wohl fühlen  – mit grün und offen gestaltetem Platz für Erholung, Nachbarschaftspflege und Freizeitgestaltung …
Von diesem Ziel sind alle schnell zu überzeugen, doch davor liegen zwölf Jahre, in denen wir die Geduld unserer Mitglieder immer wieder auf die Probe stellen: Bis 2024 werden wir etliche Tonnen Sand und Erde vor ihren Haustüren quer durch das Quartier transportieren, Wege und Straßen zwischenzeitlich sperren müssen, alte Anlagen abbauen, fast täglich mit unseren Baufahrzeugen unterwegs sein und immer wieder mit schwerem Gerät arbeiten. Kurz: Wir sorgen für Dreck, Lärm und andere  Einschränkungen …
Architekturzeichnungen vom Endzustand können da nur kurzfristig bei Laune halten.
Gerade bei einem Projekt dieser Größenordnung ist es daher nicht nur wichtig, auf breite Beteiligung und gezielte Kommunikation zu setzen. Kommunikationskonzept, Beteiligungsmanagement und Maßnahmenplan müssen eng aufeinander abgestimmt sein.
Natürlich wird es in den folgenden Jahren auch Situationen geben, die wir nicht oder zumindest nicht so geplant haben, aber wer auf einem stabil gebauten Gerüst steht, fällt bei kleinen Pannen nicht gleich runter.

Vorarbeit: Projektablauf in Phasen und Steps unterteilen …

Um den großen Brocken, der vor uns liegt, übersichtlich und damit für uns leichter planbar zu machen, haben wir den Projektablauf grob in drei Phasen unterteilt: Ideenphase, Planungsphase, Umsetzungsphasen.
Jede Phase haben wir weiter in einzelne Steps eingeteilt. Für jeden einzelnen Step haben wir uns gefragt: Wollen wir diesen Schritt kommunizieren? Falls ja: Aus welchem konkreten Anlass wollen wir welche Botschaft mit welchem Ziel mit welcher Aktion/über welches Medium an welche Zielgruppe kommunizieren und wann ist der optimale  Zeitpunkt dafür?
Immer wieder zwischendurch haben wir zudem  „Genießersteps“ eingebaut.

… und Zielgruppen definieren

Als Zielgruppen haben wir vorab Mitglieder, Institutionen/Einrichtungen/Geschäfte im Quartier, externe Dienstleister, Öffentlichkeit/Medien und Mitarbeiter ausgemacht.

 Mitglieder
Als erstes denkt man natürlich an die Mitglieder, die in dem betreffenden Quartier wohnen. Diese sind zunächst als Gesamtheit eine Zielgruppe. Unsere Kernbotschaften an sie lauten „Wir machen euer Quartier schöner./Bei uns könnt ihr mitbestimmen.“.
Im Laufe des Projektes ist es für einzelne Maßnahmenschritte zudem erforderlich, die im Quartier wohnenden Mitglieder weiter zu differenzieren. Dies sind in unserem Fall zum Beispiel die Mieter eines einzelnen Hochhauses im Quartier, das im Zuge der Quartiersentwicklung saniert wird. Diese Differenzierungen ergeben sich im Lauf der Planungen.
Zielgruppe eines so großen Projektes sind aber auch alle anderen Mitglieder. Hier lauten die Kernbotschaften „Der SBV bewegt etwas./Wir legen uns für unsere Mitglieder ins Zeug./Wir sind mehr als ein Vermieter.“. Mit diesen Botschaften können wir zudem sehr gut an unseren allgemeinen Slogan „Wohnen und Leben.“ anknüpfen.
Als Kommunikationskanäle/Medien für diese Zielgruppe eignen sich zum Beispiel
> Internet
> Infopost
> Aushänge (z. B. an unseren Infotafeln in den Hausfluren)
> Mitgliederzeitschrift SBV-Bote (Erscheinungsweise: 3 x jährlich)
> Veranstaltungsformate: Dialogveranstaltungen (Workshops, Infoveranstaltungen, Zukunftswerkstätten), Feste
Darüber hinaus (weniger gezielt in der Ansprache)
> Pressearbeit (Presseeinladungen, Pressetermine, Veranstaltungsankündigungen)

Geschäfte und sonstige Einrichtungen im Quartier
Da es sich bei Fruerlundholz nicht um ein reines Wohnquartier handelt, sind neben den wohnenden Privatpersonen auch dort ansässige Geschäfte und sonstige Einrichtungen (KiTas, Kirchengemeinde, Polizeistation etc.) von den Projektarbeiten betroffen und sollten daher ebenfalls als Zielgruppe in ein Kommunikationskonzept aufgenommen werden.
Auch als potentielle Kooperationspartner – zum Beispiel bei Quartiersfesten – sind die Mitglieder dieser Zielgruppe für uns wichtig. Sie einzubinden, kann daher auch bedeuten, von zusätzlichen Kommunikationswegen und Angeboten zu profitieren.
Besonders Unternehmen mit Kundenverkehr sind zudem stark von funktionierenden Zuwegungen abhängig. Sind diese in einer Projektphase nicht gewährleistet, kann eine rechtzeitige Beteiligung und Kommunikation nicht nur Unmut, sondern auch eventuelle Schadensansprüche wegen Geschäftseinbußen verhindern.
Als Kommunikationskanäle/Medien für diese Zielgruppe eignen sich zum Beispiel separate Infoveranstaltungen sowie Infopost. Bei überschaubaren Zielgruppen eignet sich zudem insbesondere die direkte Ansprache.

Externe Dienstleister
Bei der Kommunikation mit externen Dienstleistern – zum Beispiel der Landschaftsplanerin, dem Architektenteam für das neue Hochhaus und den Mitarbeitern beteiligter Bauunternehmen – haben wir uns vorab überlegt, wer jeweils die Kommunikation übernimmt: Soll jede Kommunikationsmaßnahme – also jede Mail, jeder Anruf, jedes Schreiben – über die Projektleitung laufen oder kommuniziert die Projektleitung mit den beteiligten Abteilungsleitern, die die Information dann an die jeweiligen externen Dienstleister weitergeben (gestaffelte Kommunikation)?
Wir haben uns für die gestaffelte Kommunikation entschieden, da wir uns so besser des Fachwissens aus den einzelnen Abteilungen bedienen und eine übergeordnete Betrachtung gewährleisten können.
Entscheidet man sich für die gestaffelte Kommunikation, ist es sinnvoll, die Projektleitung dennoch immer „cc“ zu informieren. Dann kann sie möglicherweise entstehende Informationslücken gleich „stopfen“ oder stopfen lassen.
Kommunikationskanäle/Medien: Mit dieser Gruppe werden wir ausschließlich persönlich  – im Gespräch oder per Mail – kommunizieren.

Öffentlichkeit/Medien
Natürlich eignet sich ein solches Projekt auch gut für die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Imagepflege, ganz nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber!“. Dieser Teil der Kommunikation muss auf jeden Fall in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Marketing/Presse/Öffentlichkeitsarbeit ablaufen.
Kommunikationskanäle/Medien für diese Zielgruppe sind die klassischen Instrumente der Pressearbeit (Pressemitteilungen, Pressetermine, Veranstaltungsankündigungen).

Mitarbeiter
Damit dieses Projekt möglichst reibungslos abläuft, müssen die direkt beteiligten Mitarbeiter rechtzeitig eingebunden und/oder über die Entscheidungen und nächsten Schritte  informiert werden.
Um eine lückenlose und kontinuierliche interne Kommunikation zu gewährleisten, muss man sich auch hier vorher entscheiden, wer die Kommunikation jeweils „in Gang setzt“.
Darüber hinaus sollten auch die nicht konkret eingebundenen Mitarbeiter zumindest über die großen Schritte informiert sein, um auf eventuelle Fragen von Mitgliedern entsprechend reagieren zu können.
Kommunikationskanäle/Medien: Die ins Projekt eingebundenen Mitarbeiter informieren wir auf Arbeitstreffen, telefonisch oder per E-Mail. Unsere nicht konkret eingebundenen Mitarbeiter informieren wir über interne Mailings und anlassbezogene Einträge im Intranet, Infotreffen oder laden sie als „motivierende Kommunikation“ zu Festen ein. Wer eine Mitarbeiterzeitung oder ein schwarzes Brett hat, kann natürlich auch diese Wege gehen.

Arbeitsplanung: Step für Step

Die wichtigsten „Zutaten“ für eine Kommunikationsstrategie (Zielgruppen und Kommunikationswege) haben wir festgelegt. Nun geht es an die Einzelplanung – unterteilt in die drei Phasen und die jeweils diesen Phasen zugeordneten Steps.

In den folgenden Ausführungen richten wir unseren Fokus auf die Kommunikation mit unseren Mitgliedern (Zielgruppe 1) sowie die Formen der Beteiligung. Dazu haben wir jeweils beispielhaft einzelne Steps  herausgegriffen. Bei den Steps, die noch nicht erfolgt sind (Beispielsteps in der Umsetzungsphase), haben wir unsere Ideen zum Ablauf skizziert.

A Ideenphase

In der Ideenphase geht es darum, möglichst viele Ideen anzustoßen und zu sammeln. Dies ist daher auch die Phase, in der Beteiligung die entscheidende Rolle spielt. Da es vorerst um Ideen und nicht um Pläne geht, ist es zudem wichtig, noch keine Grenzen zu setzen.
Für die Kommunikation in dieser Phase sind folgende Aspekte wichtig:
> Möglichst viele Betroffene müssen erreicht werden. Eine breite Beteiligung ist die Basis für eine Vielfalt an Ideen und letztendlich für eine breite Zustimmung für das Gesamtprojekt.
> Inhaltlich muss sowohl kommuniziert werden, dass jede Idee willkommen ist, als auch, dass nicht jede Idee umgesetzt werden kann.
> Da wir selbst als Projektleiter gar nicht verhindern können, immer auch bereits Machbarkeiten im Hinterkopf zu haben, empfiehlt es sich, für diese Phase eine/n externe/n Moderator/en dazu zu holen.

Beispielhaft stellen wir für diese Phase den Step „Planungswerkstatt“ vor. Vorangegangen ist unter anderem der Step „Startschuss“, in dem wir uns intern dafür entschieden haben, das Projekt in Angriff zu nehmen und mit einer Landschaftsplanerin bereits früh eine externe Unterstützung dazu zu holen.

Step „Planungswerkstatt“
Wir haben uns für ein Beteiligungsverfahren in Form eines Workshops (Aktion) entschieden. Ein Teil dieses Workshops haben wir methodisch als Zukunftswerkstatt gestaltet. Diese Methode eignet sich besonders gut, um Grenzen im Kopf zwischenzeitlich aufzuheben.
Die einleitenden Worte hat unser Vorstand gehalten. So konnten wir durch eine bewusste Entscheidung dazu, WER kommuniziert, die hohe Bedeutung, die dieses Projekt für uns hat, aufzeigen.
Im Anschluss haben wir zunächst Raum fürs „Meckern“ gegeben und die Mitglieder befragt, was ihnen im Quartier nicht gefällt.
Im nächsten Schritt haben wir Themenfelder (Grünanlagen, Sitzflächen, Freizeitangebot, Nahversorgung, ÖPNV etc.) gebildet und in Kleingruppen Ideen gesammelt, wie wir die Situation in den jeweiligen Bereich ändern möchten. Anschließend wurden die Ideen im Plenum präsentiert.
Für die Moderation dieser Veranstaltung haben wir uns dafür entschieden, einen externen Fachmann einzuspannen. So standen unsere berufsbedingt vorhandenen Machbarkeitsgrenzen niemandem im Weg, wir konnten uns selbst ganz auf Ideen konzentrieren und Zusammenfassung sowie  Gesprächsleitung dem Moderator überlassen. Zudem hatten die Teilnehmer einen neutralen Ansprechpartner, demgegenüber sie auch eher Kritik am Vermieter/uns äußern mochten.
Von unserer Seite aus haben neben dem Vorstand Mitarbeiter aus den Abteilungen Portfolio, Wohnservice, Haus- und Gartenservice sowie Technik an der Veranstaltung teilgenommen, so dass auch die unterschiedlichen Themenbereiche fachlich gut abgedeckt waren. Entscheidend war zudem, dass auch die Landschaftsplanerin bereits mit dabei war. So konnte sie bereits ein Gefühl für die Wünsche der Bewohner entwickeln.
Über diese breite Beteiligung der Mitarbeiter haben wir zudem nochmals kommuniziert, dass wir dem Projekt und den Ideen unserer Mitglieder einen hohen Stellenwert beimessen.

Ziele/Botschaften: Wir wollten erfahren, welche Wünsche und Vorstellungen die im Quartier wohnenden Mitglieder (Zielgruppe 1) in Bezug auf ihr Wohnumfeld im Quartier haben (Ziel). Durch die frühe Beteiligung in der Planungsphase wollten wir außerdem erreichen, dass die Ergebnisse besser angenommen werden.
Darüber hinaus wollten wir die Botschaft transportieren, dass Projekt und Mitgliedermeinung uns wichtig sind.
Kommunikationskanäle/Medien: Um unsere Zielgruppe möglichst flächendeckend und rechtzeitig über diese Veranstaltung zu informieren, haben wir zwei Informationswellen gestartet: In einem ersten Schritt haben wir alle in dem Quartier wohnenden Mitglieder per Postwurf (Medium 1) zu der Veranstaltung eingeladen. Unterstützend und sozusagen als Erinnerung haben wir zeitlich versetzt an den Infoboards in allen Hausfluren unserer Wohnungen im Quartier Aushänge (Medium 2) angebracht, mit denen wir die Veranstaltung ankündigen.

Teilnahme
Mit rund 6 % (= 80 Personen) aller betroffenen Mieter haben wir eine zufriedenstellende Rücklaufquote erreicht.

Nacharbeit
Die Nacharbeit zu unserer Dialogveranstaltung setzt sich zusammen aus Ergebnisstrukturierung/Ergebnisdokumentation, Kommunikation der strukturierten Ergebnisdokumentation und Vorentscheidung für die Planungsphase.

Ergebnisstrukturierung/ Ergebnisdokumentation
Mit dem Ausgangspunkt der Nacharbeit – der Ergebnisdokumentation – haben wir den externen Moderator unserer Dialogveranstaltung beauftragt. Teil seiner Arbeit war es, uns im Anschluss an die Veranstaltung ein vorstrukturiertes Ergebnisprotokoll zur Verfügung zu stellen. Dies hat – über die Arbeitserleichterung hinaus – den Vorteil, dass unsere eigenen Interpretationen und Wünsche nicht bereits in die Dokumentation einfließen konnten.

Kommunikation der strukturierten Ergebnisdokumentation
Die strukturierte Ergebnisdokumentation haben wir an zwei Zielgruppen kommuniziert: die Teilnehmer der Dialogveranstaltung und die Landschaftsplanerin.
An die Teilnehmer (Zielgruppe 1) wollten wir einerseits die Botschaft kommunizieren, dass ihre Ideen nicht im Sande verlaufen, sondern in unserem Haus nun als Grundlage der weiteren Planung dienen. Darüber hinaus haben wir diesen Kommunikationsschritt zum Anlass genommen, uns dafür zu bedanken, dass sie uns mit ihren Ideen konkret dabei unterstützen, dieses Projekt im genossenschaftlichen Sinn gemeinschaftlich angehen zu können. Dementsprechend haben wir die Ergebnisdokumentation in einem Anschreiben inhaltlich um diese beiden Punkte ergänzt.
Als Kommunikationskanal/Medium haben wir eine Postwurfsendung gewählt, die wir ca. 6 Wochen nach der Veranstaltung versandt haben.
Für die von uns beauftragte externe Landschaftsplanerin (Zielgruppe 2) war die Ergebnisdokumentation Grundlage des Maßnahmenplans, den sie für uns erarbeiten sollte. Um gleich auf Rückfragen reagieren und mögliche „Knackpunkte“ gleich klären zu können, haben wir als Kommunikationskanal/Medium das persönliche Gespräch gewählt, zu der wir ihr die Ergebnisdokumentation auch schriftlich vorgelegt und mitgegeben haben.

Vorentscheidung für die Planungsphase
Bereits vor dem Gespräch mit der Landschaftsplanerin haben wir Vorentscheidungen dazu getroffen, welche der zusammengetragenen Ideen wir nicht umsetzen werden. Um auch hier die Kreativität möglichst wenig einzugrenzen, haben wir dazu allein die Frage gestellt, für welche der Ideen und Wünsche wir der falsche Ansprechpartner sind. Durch dieses erste „Sieb“ sind daher nur solche Ideen gefallen, die nicht in unserer Zuständigkeit liegen. Dies können zum Beispiel die Taktung des öffentlichen Nahverkehrs im Quartier oder der Abfuhrkalender des Müllentsorgungsunternehmens sein.
Im Gespräch mit der Landschaftsplanerin ging es dann in erster Linie darum, die Rahmenbedingungen von unserer Seite aus abzustecken, also zu klären, mit welchen personellen und finanziellen Mitteln sie kalkulieren kann und wie unsere zeitlichen Vorstellungen zur Umsetzung aussehen.
Der Auftrag an die Landschaftsplanerin lautete dann: Umsetzung möglichst vieler Ideen in einen Maßnahmenplan.

B Planungsphase

Während in der Ideenphase Kreativität, breite Beteiligung und das Sammeln von Wünschen und Ideen im Mittelpunkt standen, sind jetzt Entscheidungen, Fakten und Machbarkeiten leitend. Kurz: Aus der Ideensammlung wird ein Maßnahmenplan.
Diese Phase findet ohne weitere aktive Beteiligung der Mitglieder statt. Vielmehr stehen nun die Arbeit der Landschaftsplanerin und interne Prozesse auf der Planungs- und Entscheidungsebene an.

Für die Kommunikation in dieser Phase sind folgende Aspekte wichtig:
> Diese Phase sollte nicht lang sein, da sonst die in der Ideenphase aktivierte Beteiligung schnell in Unzufriedenheit umkippen kann. Eine frühzeitige und mit allen Beteiligten abgestimmte Terminplanung zur Entscheidungsfindung, für Absprachen und Präsentationen ist unumgänglich.
> Bereits mit der Ergebnisdokumentation sollten die Mitglieder eine Information bekommen, wann mit einer Präsentation der Ergebnisse zu rechnen ist.
> Diese Phase sollte auch in Bezug auf die Mitglieder nicht „kommunikationsfrei“ sein. So kann es sinnvoll sein, Zwischenergebnisse und laufende Arbeiten zu kommunizieren.
> Für die konkrete Planung eines zeitlich so umfangreichen Vorhabens empfehlen wir außerdem, auch für die Umsetzungsphase immer wieder Beteiligungsmöglichkeiten in den Maßnahmenplan einzubauen. (Zwei stellen wir unter dem Punkt „Umsetzungsphase“ vor.)

Beispielhaft skizzieren wir für diese Phase den Step “Werkstattbericht“. Diesen Step haben wir selbst nicht umgesetzt. Er zeigt jedoch, welche Kommunikationsaktionen geeignet sind, um die Wartezeit der Mitglieder in dieser Phase positiv zu gestalten.

Step „Werkstattbericht“
Um zu zeigen, dass das Projekt auch in dieser Zeitspanne zwischen Beteiligungsverfahren und sichtbarem Beginn der Umsetzung fortschreitet (Botschaft), kann man die Arbeitsschritte, die hinter geschlossenen Türen stattfinden, über eine Reportage, die hinter diese Türen blickt, sichtbar machen. Denkbar ist hier ein Bericht über die Arbeit der Landschaftsplanerin, der die Frage beantwortet, wie die Ideen der Workshopteilnehmer (Zielgruppe) an ihrem Schreibtisch zu konkreten Umsetzungsvorschlägen werden.
Passendes Medium für eine solche Reportage wäre das Mitgliedermagazin.

C Umsetzungsphase

In der Umsetzungsphase geht es in erster Linie darum, den Maßnahmenplan in die Realität umzusetzen. Dies ist mit zwölf Jahren die zeitlich umfangreichste Phase. Sinnvoll, um hier die Übersicht zu behalten – und ohnehin erforderlich für die Budgetierung – ist eine Unterteilung in einzelne Umsetzungsschritte. In der Umsetzungsphase gibt es sehr unterschiedliche Betroffenheiten und damit Zielgruppen und Kommunikationsziele:
> Mitarbeiter: Eine wichtige Zielgruppe sind die Mitarbeiter unseres Haus- und Gartenservices. Eine funktionierende interne Kommunikation ist hier grundlegend für eine optimale Arbeitskoordination und andauernde Motivation.
Zusätzlich zu den ausführenden Mitarbeitern müssen auch alle weiteren Mitarbeiter über die großen Umsetzungsschritte informiert sein, um dem verstärkten Nachfrageaufkommen durch Mitglieder kompetent begegnen zu können.
> im Quartier wohnende Mitglieder: Die Umsetzungsphase ist auch die Phase des Drecks und Lärms – also eine Phase mit hohem Unzufriedenheitspotential bei den Mitgliedern, die im Quartier wohnen. Hier gilt es, rechtzeitig zu informieren und ggf. Übergangslösungen zu finden.
„Bei Laune gehalten werden“ können die Mitglieder zudem über Beteiligungsmöglichkeiten bei Einzelmaßnahmen (s. Beispielsteps).

Die Umsetzungsphase ist aber auch die Phase, in der Ergebnisse sichtbar werden. Um diese Ergebnisse als gemeinsame Erfolge ins Bewusstsein zu rufen, haben wir zahlreiche Genießerphasen eingebaut (s. u.).
Als Beispiele für die Umsetzungsphase stellen wir zwei Steps zu kleineren Beteiligungsmöglichkeiten für die Mitglieder vor.
Übergeordnete Ziele beider Steps sind es, Mitgestaltungsmöglichkeiten zu schaffen, dadurch die Akzeptanz für die Maßnahmen zu erhöhen sowie eine sinnvolle und pflegliche Nutzung der Angebote zu fördern und so mittel- und langfristig unseren Arbeitsaufwand zu reduzieren. Im Sinn des genossenschaftlichen Gedankens wollen wir durch die Steps zudem das nachbarschaftliche Miteinander anstoßen und unsere Grundwerte „Respekt“ und „Verantwortung“ erfahrbar machen. Beteiligungsmöglichkeiten können darüber hinaus gut als Anlass zu positiver Berichterstattung über uns in den Medien genutzt werden.

Möglicher weiterer Step in dieser Phase kann auch eine öffentliche Startveranstaltung sein. Diese kann zum Beispiel in Form eines ersten Spatenstichs für das Gesamtprojekt erfolgen – ein guter Anlass, um über die Presse auch die allgemeine Öffentlichkeit über Umfang, Zielsetzung und Zeitplan des Vorhabens zu informieren.

Step „Nutzung Hundewiese“
Wir sind als Vermieter grundsätzlich offen für Mitglieder mit Hunden. Als eine Einzelmaßnahme haben wir daher den Mitgliederwunsch aus der Dialogveranstaltung übernommen, eine Freilaufwiese für Hunde anzulegen. Für diesen Step haben wir uns entschieden, der Gruppe der Hundehalter Beteiligungsmöglichkeiten zu bieten.

Ziel
Konflikte entschärfen: Da Hundehaltung generell Konfliktpotential birgt, wollen wir die Hundehalter von Beginn an mit in die Verantwortung nehmen. Um dies auch an Nicht-Hundehalter zu kommunizieren, können zum Beispiel gemeinsam Nutzerregeln für den Platz erarbeitet und sichtbar aufgestellt werden.

Zielgruppen sind sowohl die Hundehalter als auch alle anderen Quartiersbewohner.

Kommunikations- und Beteiligungsschritte
Allgemeine Information: Im Rahmen der allgemeinen Berichterstattung über das Projekt in unserem Mitgliedermagazin (Medium) informieren wir alle Mitglieder (Zielgruppe) darüber, dass eine Hundewiese geplant ist und wann dieser Schritt umgesetzt werden soll.
Konkreter Aufruf zur Beteiligung: Zu einem späteren Zeitpunkt rufen wir die Hundehalter unter unseren Mitgliedern im Quartier (Zielgruppe) dazu auf, mit uns Ideen für einen Nutzungsplan zu sammeln. Dazu können wir ebenfalls den SBV-Boten (breite Streuung) nutzen und/oder die betreffenden Mitglieder gezielt anschreiben (gezieltere Streuung, aber höherer Aufwand).
Beteiligungsmethode: Die Ideensammlung kann je nach Anzahl der Hundehalter im Quartier per Mail oder im Rahmen eines Treffens (mit Bestandsbetreuer des Quartiers und ggf. einem Vertreter des Haus- und Gartenservices) erfolgen. Als konkretes Ergebnis des Beteiligungsverfahrens streben wir einen Nutzungsplan der Anlage mit festen Angeboten an, die jeweils von den Mitgliedern selbst betreut werden an. Darüber hinaus wollen wir eine Tafel mit einer Nutzungsordnung für den Platz erarbeiten und aufstellen.
Ergebnisdokumentation/-präsentation: Um die Ergebnisse des Beteiligungsverfahren zu präsentieren, wollen wir diesen Step mit einer kleinen Einweihungsfeier des Platzes abschließen (eingebauter Genießerstep), zu der wir, zum Beispiel gemeinsam mit einer Hundeschule, eine kleine Hundevorführung planen, die Tafel mit den Nutzungsregeln aufstellen und Programme mit Nutzungsangeboten der Mitglieder verteilen. Zu dieser Einweihung wollen wir die lokale Presse einladen und in unserem Mitgliedermagazin sowie auf unserer Homepage berichten.

Für die Planung der Beteiligung und Kommunikation ist es wichtig, dass der Zeitraum zwischen den Kommunikationsaktivitäten (Aufruf, Angebotsplanung/Nutzungsprogramm) nicht zu groß ist. Da die Wiese erst für 2017 im Umsetzungsplan steht, ist ein Beteiligungs- und Kommunikationsstart vor 2016 nicht sinnvoll.

Step „Beetpatenschaften“
Bestandteil eines Platzes des Quartiers sind mehrere Hochbeete. Diese sind so angelegt, dass Bepflanzung und Pflege in bequemer Standhöhe erfolgen können.

Konkrete Ziele
Mit dieser Maßnahme wollen wir eine dauerhafte, sichtbare Mitgestaltungsmöglichkeit für unsere im Quartier wohnenden Mitglieder schaffen. Zudem bieten die Beetpatenschaften auch über den Projektverlauf hinaus Anlässe zu kleineren Aktionen mit unseren Mitgliedern.

Zielgruppe dieser Maßnahme sind alle Mitglieder, die im Quartier wohnen.

Kommuniktaions- und Beteiligungsschritte
Konkreter Aufruf zur Beteiligung: Wir rufen unsere Mitglieder im Quartier (Zielgruppe) über den SBV-Boten (Medium) dazu auf, sich als Einzelperson oder Personengruppen per Mail (an den Bestandsbetreuer) um eine Patenschaft für eines der Hochbeete zu bewerben. Die Auswahl erfolgt über den Bestandsbetreuer. Haben sich mehr Paten als Beete beworben, könnten wir die Patenschaft zum Beispiel zeitlich auf 1 Jahr begrenzen oder – falls möglich – weitere Hochbeete anlegen.
Information der Bewerber: Nach einem Zeitraum von max. 2 Wochen nach Bewerbungsschluss informieren wir die Bewerber per Postwurfsendung über die Auswahl. Mit der Information über ihre Auswahl erhalten sie einen Patenvertrag, in dem sie unterschreiben, dass sie sich für den Zeitraum x um „ihr“ Hochbeet kümmern. Sobald der Vertrag uns unterschrieben vorliegt, versenden wir an jeden angenommenen Bewerber einen Gartencenter-Gutschein über 40 Euro. Sollten Bewerber abgelehnt werden oder auf eine Warteliste gesetzt werden müssen, erhalten sie einen „Dankeschön“-Gutschein für ihre Bereitschaft über 15 Euro.
Beteiligungsmethode: Die Paten verpflichten sich über den Patenschaftsvertrag dazu, „ihre“ Beete zu bepflanzen und zu pflegen. Im Rahmen der Aktion könnte zum Beispiel auch angeregt werden, Nutzbeete mit Gemüse etc. für die Nachbarschaft anzulegen.
Ergebnisdokumentation/-präsentation: Um die Ergebnisse des Beteiligungsverfahrens zu präsentieren, wollen wir diesen Step mit einem kleinen „Patentag“ (eingebauter Genießerstep) feiern. Diese Feier erfolgt, sobald alle Paten die Erstbepflanzung der Beete abgeschlossen haben. Zu diesem Tag laden wir die Paten und alle anderen Quartiersbewohner ein. Als „Programmpunkte“ sind ein Gestaltungswettbewerb sowie die Übergabe von Patenschaftsurkunden und/oder die Anbringung von Patenschaftsplaketten an den jeweiligen Beeten denkbar. Zu dieser Veranstaltung wollen wir die lokale Presse einladen und in unserem Mitgliedermagazin sowie auf unserer Homepage berichten.

… und immer wieder Genießersteps!

Gerade in einem Projekt mit langer Laufzeit, großer Betroffenheit und umfangreicher Beteiligung ist es wichtig, nicht nur über anstehende  Arbeiten und Einschränkungen zu kommunizieren, sondern auch über die erreichten Schritte: um intern und extern den Blick immer wieder auf das gemeinsam Erreichte zu lenken und für die anstehenden Schritte zu motivieren. Deswegen haben wir immer wieder kleine und größere Genießersteps eingebaut.

Mit dem Patenschaftstag für unsere Beetpaten und der Einweihung der Hundewiese (s. Umsetzungsphase) haben wir bereits zwei in Beteiligungsverfahren integrierte Genießersteps vorgestellt. Auch ohne ein Beteiligungsverfahren sollten solche Steps immer wieder in das Gesamtprojekt eingebaut werden. Beispielhaft stellen wir die „Adventsfeier“ vor.

Genießerstep „Adventsfeier“
Einer der ersten, für alle sichtbaren, Bauabschnitte unseres Projektes war ein neu angelegter Platz, den wir als Ort der nachbarschaftlichen Begegnung im Quartier geplant haben. Die Fertigstellung dieses Platzes (Anlass 1) fiel genau in die Adventszeit (Anlass 2). Daher haben wir alle Bewohner des Quartiers (Zielgruppe) zu einem Adventsfest mit Punsch, Musik vom Spielmannszug, Kinderbasteln und Einschalten der Tannenbaumbeleuchtung rund um den Platz eingeladen. So konnten wir gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einweihung des Quartiertannenbaums – das war ein Wunsch aus dem Workshop –, Einweihung des neuen Platzes und der Beginn der Adventszeit. Im Sommer hätten wir vielleicht eines unserer Sommerfeste auf den Platz verlegt. Durch solche Kombinationen kann man den Aufwand verringern, verhindern, dass `nur` die eigenen Erfolge im Mittelpunkt stehen und trotzdem sein Ziel erreichen.

Um unsere unterschiedlichen Kommunikationsziele und möglichst viele Vertreter zu erreichen, mussten wir die Zielgruppe weiter differenzieren:
> Mitglieder, die im Quartier wohnen: Dies ist unsere primäre Zielgruppe. Mit ihr wollten wir das gemeinsam Erreichte feiern und ihnen zeigen, was aus ihren Ideen geworden ist (Botschaften). Die Ansprache erfolgte über Aushänge an den Infotafeln in unseren Mietshäusern sowie die Ankündigung der Veranstaltung über unser Mitgliedermagazin und unsere Homepage.
> Weitere Bewohner des Quartiers: Diese Zielgruppe wollen wir ebenfalls zum Fest einladen, erreichen sie jedoch nicht über unser Mitgliedermagazin oder unsere Homepage. Deswegen – und auch als „Erinnerung“ an unsere Mitglieder – haben wir einen Verstanstaltungshinweis an die lokale Presse (Tageszeitung sowie die kostenlosen Wochenblätter) verschickt, der auch veröffentlicht wurde.
> Geschäfte und sonstige Einrichtungen im Quartier: Auch diese Gruppe wollen wir gern zum Fest einladen. Als Medium haben wir die Postwurfsendung bzw. eine direkte Ansprache gewählt.

Die direkte Ansprache erfolgte in den Fällen, in denen wir die Mitglieder dieser Zielgruppe nicht nur einladen (Kommuniktaionsziel 1), sondern auch in die Planungen des Festes einbeziehen wollten (Kommuniktaionsziel 2) – zum Beispiel das Jugendzentrum der Gemeinde.
Darüber hinaus können auch Geschäfte – zum Beispiel über eine Tombolola – einbezogen werden oder weitere Einrichtungen für weitere Programmpunkte des Abends angefragt werden.

Fasst man alles Phasen und Steps in einem Aufgabenplan für Beteiligungsverfahren und Kommunikationsschritte zusammen, hat man schnell einen Überblick, wann zu lange Kommunikationspausen sind, die noch gefüllt werden sollten und auch, wann sich die Aufgaben ballen. Zweiteres kann für die Urlaubsplanung betroffener Mitarbeiter wichtig sein, da dann rechtzeitig die anfallenden Aufgaben auf eine Vertretung übertragen werden müssen. Auch ein „Einspringen“ in die Abläufe – zum Beispiel im Krankheitsfall – ist dank eines umfassenden Arbeitsplanes zwar noch immer eine Herausforderung, aber kein Problem mehr.

veröffentlicht in: „Erfolgreiche Quartiersentwicklung“, Handreichung des Verbandes der norddeutschen Wohnungsunternehmen e. V.