Rezension: „Runzelspinnenpo nochmal!“

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„Voll der Runzelspinnenpo!“ Wer kreative Schimpfwörter mag, sollte kurz nach Schulschluss in der Nähe einer Grundschule spazierengehen… Runzelspinnenpo & Co muss ein Denkmal gesetzt werden! Meine Idee: Ein Kinderbuch über einen Schimpfwortwettstreit. Mehr als ein paar Manuskriptkrümel sind dabei bisher nicht herausgekommen. Statt mich selbst angesichts dieser Situation zu womöglich unkreativen Schimpfwörtern hinreißen zu lassen, habe ich das nicht geschriebene Buch zumindest schon einmal rezensiert.

Lasse Schiet (Text) und Anton Motzspotz (Illustration): Runzelspinnenpo nochmal! Der Schimpfwortwettstreit. Ab 4 Jahre.

Der „Große Stinkende Bekleckerte Rohrspatz“ ist ein begehrter Pokal und eine der höchsten Auszeichnungen in Heilewelt. Der Heileweltler, der ihn sich ins Regal stellen will, muss sich beim alljährlich ausgetragenen Schimpfwortwettstreit mächtig daneben benehmen – allerdings nur verbal. Für gemeine Grimassen gibt es Punktabzug; wer im Eifer des Wortgefechtes schubst oder mit den Armen wedelt, wird umgehend disqualifiziert. Trotzdem lassen sich die Teilnehmer einiges einfallen, was anfangs selbst den wachsamen Augen des königlich geprüften Obermufflers entgeht.

Sprachwitz, Ideenreichtum und eine Extraportion kindlicher Albernheit treffen sich in diesem Erstling des Freundesduos aus Murkelby. Autor und Illustrator arbeiten dort im „Kleinen Puppentheater“ hinter den Kulissen als Bühnenbildner. Eigenen Angaben nach hat Schiet zur Vorbereitung des gemeinsamen Buches nächtelang im Wörterbuch gestöbert und etliche Nachmittage mit gespitzten Ohren und seiner dreijährigen Tochter auf Spielplätzen verbracht.

Bei dieser Recherche herausgekommen ist eine betrachtliche Sammlung von 116 Schimpfwörtern, die im Anhang des Buches alphabetisch aufgelistet sind. Wer darunter das „S-Wort“ sucht, wird nicht fündig. Im „Regelwerk“ zum Heilewelt-Schimpfwortwettstreit führt sein Einsatz nämlich zum sofortigen Ausschluss des Teilnehmers. Keines der hier aufgeführten sprachlichen Waffen für einen Wutausbruch fällt unter die Kategorien „vulgär“ oder „verletzend“. Im Vordergrund steht immer der sprachliche Einfallsreichtum der Schimpfer. Das ist im Ernstfall eines realen kindlichen Wutausbruches sicher ein etwas zu hoch gegriffener Anspruch, aber das Buch ist ja auch kein Lehrbuch, sondern in erster Linie ein großes Lesevergnügen.

Unterteilt ist „Runzelpo nochmal!“ in 14 Kapitel, die sich durch ihre Länge, einfache Anknüpfungen an das zuvor Geschehene und ein jeweils kurzes Schimpfwortgedicht zum Kapitelende hervorragend zum häppchenweisen Vorlesen eignen. Die witzigen Wortkombinationen sind nicht nur sprachlich anspruchsvoll und daher sicher auch ein Genuss für den ein oder anderen Spachwissenschaftler. Die Zungenbrecher und wahren Bandwurmschimpfwörter unter ihnen fordern auch höchste Konzentration der Vorleser. Denn sie können sich sicher sein: Das Publikum wird ganz genau hinhören, um beim nächsten Streit klar die Nase vorn zu haben.

Lasse Schiets lebendige Erzählweise und die bildhaften Ausdrücke sind zudem die perfekte Grundlage für Anton Motzspotz. Der gelernte Bühnenmaler lässt die Schimpfwortwelt in seinen nur leicht nachkolorierten Bleistiftskizzen, teils als kleine Vignetten, teils als ganzseitige und über die Buchseiten hinauswachsende Zeichnungen, zusätzlich aufleben. Dabei begnügt er sich nicht damit, die Geschichte seines Freundes und Kollegen in Bildsprache zu übersetzen, sondern fügt immer auch eigene bildliche Randbemerkungen hinzu.

Will man dem Buch einen pädagogischen Auftrag unterstellen, könnte der am ehesten im Ende der Geschichte liegen. Dort nämlich werden die Regeln neu aufgestellt, als selbst der Obermuffler erkennt: Wer richtig wütend ist, muss auch mal das Gesicht verziehen, auf den Tisch hauen oder eine richtig große Tür zuschlagen dürfen. Eine kleine Revolution in Heilewelt, ein sympathisches Plädoyer für eine offene kindliche Wutkultur in Richtung aller Eltern – und hoffentlich eine versteckte Ankündigung des Autoren-Zeichner-Duos, ihrem Erstling eine Fortsetzung folgen zu lassen.

Dieser Lasse Schiet, Anton Motzspotz und ihr gemeinsames Buch „Runzelspinnenpo nochmal!“ sind erfunden, Namensgleichheit mit realen Personen nicht beabsichtigt.
Sollte jemand meine gegenstandslos besprochene Buchidee aufgreifen, freue ich mich über ein Rezensionsexemplar, beteilige mich als Ideenmäzen großzügig an der Fortsetzung und unterstütze gern tatkräftig die PR-Abteilung.
Und falls es dieses Buch – von mir unbemerkt, da unrecherchiert – längst gibt, kann ich nur sagen: tolle Idee!